Wissen, wo der Pfeffer wächst
In diesen Tagen ist es genau 10 Jahre her, dass ich die erste Reise außerhalb Europas antrat. 10 Jahre – verglichen mit den technischen Neuerungen, die es seitdem gab, eine wahre Ewigkeit. Während mit Smartphone, mobilem Internet und entsprechenden Buchungsportalen Reisen heute weltweit sehr ähnlich abläuft, war das vor 10 Jahren mangels schnellem mobilem Internet (selbst in Deutschland) noch unmöglich. Die Backpacking-Reise versprach schon vorher ein echtes Abenteuer zu werden. Der mit Abstand wichtigste Reisebegleiter der Indien-Reise war damals noch ein Buch – der Reiseführer „lonely planet“. Mit diesem Buch konnte das Abenteuer starten.
Die Aufregung vor der Abreise war groß. Meine Schwester teilte mir noch mit, dass wir die ersten Eindrücke in Indien mehrere Tage werden verarbeiten müssen. Aber was soll schon sein … Nach der Ankunft am Flughafen in Chennai haben wir dann sehr schnell verstanden, was sie damit meinte. Nachdem wir viel in Europa gereist waren, erwarteten wir, dass wir vom Flughafen bis in die Innenstadt wie gewohnt mit dem Zug fahren können. Dass Zugtickets in Indien jedoch mehrere Tage im Voraus mit langer Wartezeit gekauft werden, dass selbst an internationalen Flughäfen Wegweiser entweder nicht vorhanden sind oder diese – wie an den Busbahnhöfen – für uns nicht lesbar sein werden, das hatten wir bis dahin noch nicht gewusst. Dass gefühlt jeder Taxi- und Tuktuk-Fahrer auf uns wartete, damit hatten wir aber auch nicht gerechnet. Schnell war klar: das Abenteuer hatte schon begonnen. Die ersten Tage waren wunderbar lehrreich.
Wir lernten, dass Indien ganz anders als Europa enorm viele spontane Überraschungen bereithält – incredible India:
Nach kunstvollen Tempeln (Madurai), einer Bootsfahrt im Paradies (Backwaters in Kerala), dem Sonnenuntergang über drei Ozeanen (Kanyakumari), gab es immer noch Überraschungen. Ein Generalstreik in diesem Land gehört dazu. Plötzlich waren alle Straßen leer und alle Geschäfte geschlossen. Wer schon einmal in Indien war, weiß, dass es keinen krasseren Gegensatz geben kann. Das Leben spielt sich ständig und überall auf der Straße ab. Wir saßen damals also in einem kleinen Ort direkt am Periyar Nationalpark fest, alle Läden geschlossen, kein Verkehr, keine Menschen, der öffentliche Nahverkehr eingestellt. Und so konnten wir auch Ruhe in Indien erleben. Nach einem Spaziergang durch den Ort kamen wir an einer Gewürzfarm vorbei und bekamen kurzerhand die Pflanzenvielfalt Indiens gezeigt. Darunter Exoten, wie die „No-sugar-plant“, die das Geschmacksempfinden von Zucker betäubt. Ich habe den Namen der Pflanze nie herausgefunden, meinen Geschmack aber glücklicherweise wieder gefunden. Uns wurde alles gezeigt, was wir sonst nur verarbeitet und in Plastikdosen abgefüllt kannten: Tee, Kardamom, Zimt. Wir waren nun also buchstäblich dort angekommen, wo der Pfeffer wächst.
Die Reise wird uns aufgrund der Andersartigkeit zum Leben in Europa auf ewig in Erinnerung bleiben. Es war anstrengend, abenteuerlich, auch mal gefährlich aber einfach unglaublich schön.
Die Natur, die Farben, die Gerüche, die Begegnungen mit Menschen. Alles davon ist intensiver – schwer zu beschreiben.
Dieses Video, das wir während einer der vielen Busfahrten im Süden des Landes gemacht haben, steht stellvertretend für das, was sich mit Worten so nicht beschreiben lässt und zeigt im Ansatz, wie wir das Land damals kennengelernt haben:
Mit Klick auf das Video gelangen Sie auf die Seite „youtube“. Lesen Sie sich vorher die Datenschutzerklärung von youtube durch.
An jeder Ecke konnte – wie in dem Video zu sehen ist – etwas komplett Unerwartetes lauern. Man sitzt müde im Bus, es staut sich, das übliche Hupen im Straßenverkehr wird plötzlich durch Trommeln übertönt, ein Umzug ist zu sehen und alles steht still. Von der Seite kommen schließlich – wie sollte es anders sein – Menschen, die auf Elefanten reiten. Wahnsinn!
Die gesamte Reiseroute der damaligen Reise gibt es hier zu sehen: